Kirche Carmo in Porto
Igreja do Carmo

Wenn du durch Portos Altstadt schlenderst, wirst du früher oder später auf ein architektonisches Ensemble stoßen, das gleich mehrere Geschichten auf einmal erzählt.
Die Igreja do Carmo am Praça de Carlos Alberto ist nicht nur eine der schönsten Barockkirchen der Stadt, sondern beherbergt auch Portos schmalstes Haus und einen der beeindruckendsten Azulejo-Wandteppiche, die du in Portugal finden wirst.
Eine Kirche mit zwei Gesichtern
Das Besondere an diesem Ort zeigt sich schon auf den ersten Blick: Was wie ein einziges Kirchengebäude aussieht, besteht tatsächlich aus zwei separaten Gotteshäusern.
Die Igreja do Carmo selbst wurde zwischen 1756 und 1768 im späten Barockstil errichtet und direkt an die ältere Igreja dos Carmelitas angebaut, die bereits seit 1628 hier steht. Der markante Glockenturm, der dem Komplex seine unverwechselbare Silhouette verleiht, gehört übrigens zur älteren Nachbarkirche.
Verantwortlich für den Bau der Carmo-Kirche war José de Figueiredo Seixas, der hier als Sitz für die weltliche dritte Karmeliter-Bruderschaft ein wahres Juwel des Rokoko schuf.
Die Fassade mit ihren dynamischen Wellenlinien und skulptierten Portalen ist schon von außen ein echter Hingucker. Besonders beeindruckend sind die Propheten Elias und Elischa, die das Hauptportal flankieren.

Das blaue Wunder an der Seitenwand
Was die Igreja do Carmo aber wirklich einzigartig macht, entdeckst du erst, wenn du um die Ecke in die Rua do Carmo biegst.
Dort erwartet dich einer der spektakulärsten Azulejo-Wandteppiche Portos: Zahlreiche blau-weiße Kachelpaneele erzählen die Geschichte der Gründung des Karmeliterordens sowie Szenen vom Berg Karmel.
Dieses Meisterwerk wurde 1912 von Silvestro Silvestri geschaffen und ist bis heute in einem bemerkenswert guten Zustand.
Ein Tipp für Fotografen: Am besten besuchst du die Azulejo-Wand morgens vor 10 Uhr, wenn die Rua do Carmo noch im Schatten liegt und du die Details ohne störende Lichtreflexe aufnehmen kannst.
Wenn du ein Teleobjektiv dabei hast – umso besser: Die einzelnen Szenen sind erzählerisch so reich, dass sich ein genauer Blick definitiv lohnt.
Das schmalste Haus Portos und seine Geheimnisse
Jetzt wird es richtig kurios: Zwischen den beiden Kirchen steht das legendäre »Casa Escondida« – ein dreistöckiges Häuschen, das kaum breiter als einen Meter ist. Bis in die 1980er-Jahre lebten hier tatsächlich Menschen: Kapläne, Künstler und zuletzt der Sakristan fanden in den winzigen Räumen Platz.
Warum man sich die Mühe gemacht hat, dieses Minihaus zu bauen, darüber gibt es zwei Theorien. Die romantischere Version besagt, dass kirchliches Recht angeblich keine gemeinsame Wand zwischen Mönchen und Nonnen erlaubte.
Die pragmatischere Erklärung: Man wollte einfach eine lückenlose Straßenfront ohne klaffende Gasse schaffen. Welche Version dir besser gefällt, kannst du selbst entscheiden.
Goldglanz und horizontale Trompeten
Das Innere der Igreja do Carmo ist ein wahres Fest für die Augen. Der einschiffige Raum erstrahlt in vergoldeter Schnitzkunst, der sogenannten talha dourada, die typisch für die portugiesische Barockkunst ist.
Der Hochaltar von Francisco Pereira Campanhã aus dem Jahr 1773 ist dabei das absolute Highlight – reich geschnitzt und überwältigend in seiner Detailarbeit.
Auch das Sakristeimobiliar, liturgische Gewänder und barocke Silberobjekte gehören zu den Schätzen, die du beim kostenpflichtigen Rundgang bewundern kannst.
Infos & Tipps für deinen Besuch
Die gute Nachricht zuerst: Die Kirche selbst kannst du kostenfrei betreten. Sie ist für Besucher täglich ab 9:30 Uhr geöffnet. Um 9:00 Uhr findet eine Messe statt – falls du dabei bist, denk daran, leise zu bleiben.
Richtig spannend wird es beim »Circuito Turístico«, der dich durch das Casa Escondida, das Museum, kleine Katakomben und aufs Kirchendach führt.
Dieser kostet 7 Euro. Der Rundgang ist täglich von 9:30 bis 17:00 Uhr möglich (November bis März) beziehungsweise bis 18:00 Uhr (April bis Oktober).
Insider-Tipps für deinen Rundgang
Starte am besten mit dem Casa Escondida – die beengte Treppe lässt nur Einbahnverkehr zu, weshalb sich frühes Erscheinen lohnt.
Das Highlight wartet dann auf dem Kirchendach: Von dort hast du einen fantastischen Panoramablick über das Viertel Vitória.
Wenn dich die vergoldeten Schnitzereien faszinieren, solltest du unbedingt auch einen Blick in die benachbarte Igreja dos Carmelitas werfen – der Eintritt ist ebenfalls frei und die talha dourada dort steht der des Carmo in nichts nach.
Warum sich der Weg lohnt
Die Igreja do Carmo ist wie ein Geschichtsbuch aus Stein, Holz und Keramik. Hier findest du Porto-typische Azulejos, theatralisches Rokoko und eine der charmantesten Stadtlegenden der Stadt auf engstem Raum vereint.
Zusammen mit der Carmelitas-Kirche erzählt das Ensemble 200 Jahre Architekturgeschichte auf wenigen Metern Fassade.
Da die Kirche nur drei Minuten Fußweg von der berühmten Livraria Lello und dem Torre dos Clérigos entfernt liegt, lässt sie sich perfekt in einen Vormittag in Portos Altstadt einbauen – ein kompaktes Lehrbuch barocker Stadtkunst, das du dir nicht entgehen lassen solltest.
Seit 2013 steht das Ensemble als Monumento Nacional unter Schutz – eine Anerkennung, die den kunst- und stadthistorischen Wert dieser besonderen Kirchen offiziell würdigt.
Igreja do Carmo
Praça de Gomes Teixeira 10
4050-011 Porto
Portugal